Karibu in Kärnten im Juli 2016
Oldenburger trainieren vereinsübergreifend mit run2gether in den Bergen.
6:00 Uhr morgens. Unsanft holt mich mein Handywecker aus dem Schlaf. Die Sonne ist schon über den Bergen aufgegangen, wie die Sonnenstrahlen zeigen, die durch die Vorhänge ins Zimmer kriechen. Auf zum ersten Morning Run! Wir versammeln uns auf dem Hof vom Hotel und traben um halb sieben erstmal in der Gruppe bergab. Nach ein paar hundert Metern habe ich Janet an meiner Seite. Aha. Sie wird also – laut Bericht der „alten Hasen“ in dieser Woche meine persönliche kenianische Begleiterin sein. Nach bergab kommt leider bergauf – hier kann Janet gleich ihre Trainerqualitäten unter Beweis stellen, indem sie mich, die ich lokomotivenartig schnaufe und gern ins Gehen wechseln möchte, immer wieder antreibt, in kleinen Schritten und mit Armeinsatz das zu tun, wozu ich hergekommen bin: laufen!
Eine Woche laufen mit Kenianern in Kärnten und dabei eine gute Sache unterstützen – im April hat mich Vereinskollege Klaus Bartels (sowohl Team Laufrausch als auch LT Oldenburg Süd) mit Flyern und Begeisterung für diese Sache gewonnen. Der Verein Run2gether ist eine österreichisch-kenianische Kooperation, die in Kenia ein Laufcamp gebaut hat (samt einer für Kenia seltenen vermessenen Laufbahn). Dort werden Läufer in Testläufen ausgewählt und dann für ein Jahr unter Vertrag genommen. Die, die besonders gut sind und englisch können, dürfen dann drei Monate lang nach Kärnten-Hochrindl. Von dort aus fahren sie an den Wochenenden zu europäischen Wettbewerben, um durch gute Platzierungen Geld zu verdienen. Unter der Woche betreuen sie uns Urlauber und regenerieren dabei. Die läuferische Form erwerben sie in Kenia im Wintertraining.
Außerdem engagiert sich der Verein sozial, hat z.B. eine Schule gebaut, eine Lehrerin engagiert und hilft kenianischen Familien mit Spendenprojekten, in denen kleine Beträge für Werkzeug, Hühner oder warme Decken spenden kann. Zusätzlich kann man auch für monatlich 20 EUR ein Kind in die Schule schicken. All das kann man sich in Kenia auch live ansehen – das Camp ist für Besucher offen und ich hörte schon Berichte von Mitläufern, die sehr angetan davon waren, so nah an ein fremdes Land ranzukommen. Denn Familienanschluss ist dort quasi inklusive. Der Laufpartner bringt einem seine Heimat wirklich nah. Safaris werden auch von persönlichen Betreuern angeboten.
Ein Blick in die nursery school von run2gether. Hier wurden Waisenkinder aufgenommen. Helfer aus Europa sind immer wieder gerne gesehen.
Stadion mit vermessener Laufbahn. Eine Seltenheit in Kenia. Ich (Klaus) werde sie im Winter testen :-).
Zurück nach Österreich: Um acht Uhr wartet das wohlverdiente Frühstück. Es entpuppt sich trotz der Ankündigung „kenianische Vollpension“ als recht europäisch: aus der Region werden Joghurt, Butter, Marmeladen und köstliches Roggenbrot herangeschafft. Dazu gibt es Müsli, Trockenfrüchte und Haferflockenbrei. Kenianisch sind die großen Mengen Schwarztee, mit oder ohne Milch, die literweise konsumiert werden. Die Kenianer rühren ordentlich Zucker rein … naja, die gewinnen am Wochenende ja auch Wettkämpfe und können das vertragen!
Anschließend erstmal … Ruhe. Die nur bis 11 Uhr währt, denn dann heißt es: Funktionstraining. Wir hoppeln um bunte Hütchen, springen über Stangen, hüpfen eine Menge und zum Schluss der Höhepunkt: lange Seilspringen. Die Waden freuen sich und ich mich auch, denn anderen beim Seilspringen zuzuschauen ist einfach lustig :-D
Mittags gibt es, wie an den folgenden Tagen auch immer ähnlich, Stärkebeilage und Hülsenfrucht- bzw. Kohlgericht. An zwei Tagen den sagenumwobenen Maisbrei „Ugali“, das „kenianische Läufergeheimnis“. Ansonsten auch mal Nudeln oder Reis. Gewürzt ist das Essen nicht, aber wir waren vorgewarnt und haben ordentlich Gewürze mitgebracht. Dabei lernt man dann auch die Mitreisenden kennen, die nacheinander an unserem Tisch vorbeikommen und Gewürze ausleihen.
Apropos Mitreisende: Die meisten der Gäste sind in dieser Woche Deutsche und im typischen Läuferalter irgendwo zwischen Mitte 30 und Ende 50. Drei Kinder sind auch dabei, davon eins, das noch getragen wird und zwei, die das Training mitmachen (10 und 13 Jahre alt). Dank der nicht festgelegten Sitzordnung kommt man immer wieder nett mit neuen Mitreisenden und Kenianern ins Gespräch. Die Leistungsniveaus sind ganz unterschiedlich, zwischen „ich kann eine halbe Stunde am Stück laufen“ und versierten Ultraläufern ist alles dabei. Das ist das großartige an den Kenianern: die können in jedem Tempo laufen, was unseren schnellen Läufern nicht gegeben ist. Ohne Probleme begleiten sie auch Laufanfänger, ohne dabei ihre gute Laune zu verlieren.
Weitere Gelegenheit zum Austausch oder auch Kartenspielen gibt es jeden Nachmittag bei der Tea-Time sowie überall auf dem Gelände, da treibt sich eigentlich immer jemand rum. Will man seine Ruhe haben, geht man einfach auf sein geräumiges Zimmer (fast alles Familienzimmer, auch für Alleinreisende) oder latscht eine Runde um den Hügel herum. Unweit der Unterkunft gibt es eine nette Almhütte mit breitem kulinarischen Angebot – das haben wir aber nur beim offiziell angesetzten gemeinsamen Spaziergang genutzt, ehrlich!! Ansonsten fleisch-, kuchen-, kaffee- und alkoholfreie Woche. War aber gar nicht schlimm.
Etwa in dieser Taktung vergingen die Tage. Morning Run, Speedtraining, Hügeltraining, eine superprofessionelle Mobilitätseinheit, Suaheli-Lessons, Trainingsplanberatung von einem österreichischen Marathon-As und die filmische Vorstellung des Run2gether-Projektes.
Die läuferische Krönung der Woche war für uns der morgendliche Berglauf am Mittwoch, bei dem wir die Berge erkundeten, die wir vom Zimmer aus als Aussicht hatten. Bei mir kamen 18 km zusammen – allerdings gebe ich zu, dass ich die steileren Teile der über 500 HM gegangen bin und die Ausblicke genossen habe. Das Wetter war uns ja sehr gewogen, die Kühe grasten um uns herum, es war einfach ein Traum für uns Flachlandtiroler! Schlauerweise hab ich meine strenge Janet an diesem Morgen verliehen und mich meinem Mitläufer Walter und seinem entspannten Kenianer Karis angeschlossen. Bei dem durfte man nämlich gehen ...
Ich kann allen Leuten, die nicht berg- und menschenscheu sind, diese Laufwochen nur empfehlen. Die Anreise ist leider recht weit, dafür sollte man eine Übernachtung einplanen, bei der man sich ja einen schönen süddeutschen oder österreichischen Ort aussuchen kann. Klaus Schulze vom LSF und ich sind gemeinsam gefahren und haben auf der Rückreise noch einen Volkslauf in Landshut mitgenommen. Eine schöne Alternative zu Sightseeing ;-)
Zwei Kenianer werden wir übrigens beim Jever Fun Lauf anfeuern können. Das ist doch mal was, wenn man die Laufelite persönlich kennt. Also, außer Georg natürlich ...
Infos zu den Laufwochen und Projekten findet ihr unter: www.run2gether.at
Birgit Schlaugk
Einen weiteren Bericht über unsere Laufwoche gibt es hier.
Oldenburger Gruppenbild mit einigen Laufbegleitern
Warmmachen vor dem Bergtraining
Bergsprints...
Birgit und Janet
Klaus und Ekidor
LSF, Laufrausch und Oldenburg Süd zufrieden nach einem harten Training